In meinen Workshops werde ich oft nach einer Objektivempfehlung gerade für Urlaubsreisen gefragt. Viele Teilnehmer*innen haben sich bereits für ein sog. Reise-Zoom mit einem Brennweitenbereich von 18-250mm o.ä. entschieden. Dieser Zoombereich deckt nahezu alle fotografischen Aufgabenstellungen und Motive ab, die Objektive sind i.d.R. leicht und man muss keinen Objektivwechsel durchführen. Neben diesen vielen Vorteilen haben sie oftmals einige entscheidende Nachteile:

Lichtstärke

Die Anfangsöffnung (= kleinste Blendenzahl) dieser Objektive beginnt meistens bei F 3,5 bis F 4,5 (F = Blendenzahl) im Weitwinkelbereich und F 5 oder F 5,6 im Telebereich. Zwei beispielhafte Aufnahmesituationen zeigen wo die Grenzen dieser Reise-Zooms liegen

Möchte man bei ungünstigen Lichtverhältnissen, in der Dämmerung, in Museen oder im Bazar fotografieren, kommt man als Fotograf schnell an seine Grenzen: selbst ein hoher ISO-Wert liefert keine verwacklungsfreien Bilder. Hier hilft eine lichtstarke Festbrennweite mit der kleinsten einstellbaren Blende von z. B. F 1.8 weiter. Damit hat man 2-3 Lichtwerte mehr Reserve als mit dem Reise-Zoom. Statt einer Belichtungszeit von 1/15 Sekunde kann ich mit der lichtstarken Festbrennweite mindestens 1/60 oder gar 1/125 Sekunde bei gleichem ISO-Wert erreichen.

verwackeltes bild

Belichtungszeit 1/20s

kurze Belichtungszeit

Belichtungszeit 1/125s

Schärfentiefe

Die Gestaltung von Bildern mit Hilfe einer geringen Schärfentiefe, um z. B. eine Portraitaufnahme mit unscharfem Hintergrund zu realisieren, fällt bei Objektiven mit kleinster Blendenzahl F4 oder F5.6 eher schwer. Auch hier schafft eine Festbrennweite mit F1.8 Abhilfe.

Aufgenommen mit Zoomobjektiv 18-250mm bei F5.6 (links) und mit Festbrennweite 50mm bei Blende F2.

Blende 5.6

Blende 5.6

Blende 2

Blende 2

Optische Qualität des Objektivs

Zoomobjektive mit einem größeren Brennweitenbereich von z.b. 18-140/240/300mm sind optisch gesehen oft ein Kompromiss, gerade auch in der Bildqualität. Insbesondere die Reisezooms sollen leicht und kompakt sein – das führt in der Regel zu Abstrichen bei der Bildqualität. Meist bei der Anfangs- und bei der Endbrennweite.

Bildqualität Reisezoom vs Festbrennweite

Aufnahme einer Kapelle mit Festbrennweite und Zoomobjektiv

Unbearbeitete RAW-Datei in JPG konvertiert

Aufnahme Zooobjektiv bei 40mm, Ausschnitt 100%

Unbearbeitete RAW-Datei in JPG konvertiert

Aufnahme Festbrennweite 50mm F1.8, Ausschnitt 100%

Unbearbeitete RAW-Datei in JPG konvertiert

Der Qualitätsunterschied ist hier schon sehr deutlich zu erkennen. Das Bild mit dem Reiszoom aufgenommen, wirkt unscharf und deutlich kontrastärmer als die Aufnahme mit der Festbrennweite.

Fazit

Reise-Zoomobjektive sind eine feine Sache wenn es um Kompaktheit und geringes Gewicht geht. Trotzdem macht es Sinn, sich eine Festbrennweite als zweites Objektiv anzuschaffen. Die Vorteile überwiegen hier eindeutig.

Man muss auch nicht extrem tief in die Tasche greifen, es muss nicht die Festbrennweite mit Anfangsöffnung f1.4 sein. Alle Hersteller haben inzwischen eine etwas weniger lichtstarke Variante zumindest bei den Brennweiten 35 und 50mm im Programm, die für deutlich weniger Geld zu haben sind.

Hier ein paar Beispiele (Stand 07/2022)

Canon

Canon EF 50mm 1:1.8 II STM Objektiv
Canon RF 50mm F1.8 STM Objektiv

Nikon

Nikon AF-S DX Nikkor 35mm 1:1,8G
Nikon AF-S Nikkor 50mm 1:1.8G
NIKKOR Z 40 mm 1:2

Sony

DT 35 mm F1.8 SAM Objektiv
DT 50 mm F1.8 SAM Porträtobjektiv